MIBNIGHT Jazzfestival 2008
Das Unerhörte mit dem gerne Gehörten zu verbinden, ist von Beginn an ein wesentlicher Charakterzug des MIBNIGHT Jazzfestivals. Vom 9. bis 11. Oktober präsentiert die Musikerinitiative Bremen ein Programm, so vielseitig wie sie selbst: New trifft Free trifft Soul trifft Modern Jazz; elektrisch trifft akustisch, feste Formation trifft Erstbegegnung. Auch in diesem Jahr bieten alter und neuer Saal der Bremer Schwankhalle dabei nicht nur Musikern Raum, sondern auch Wortartisten, Bewegungsfanatikern und Bildaktionisten.
Mit der programmatisch betitelten Suite „El Viaje – Die Reise“ eröffnet die MIB-Workshop-Band den Reigen aus 13 Konzerten. Zu hören sind am Donnerstag Reisen zu den Randbereichen instrumentalen Klangspektrums wie beim französischen Top-Saxophonisten Michel Doneda. Florian Poser's Brazilian Experience erkundet die gemeinsamen Landkarten von Latin und Jazz. Und dem Danziger Ausnahme-Bassisten Piotr Lemanczyk gelingt – mit freundlicher Unterstützung von agitPolska – ein weiterer deutsch-polnischer Brückenschlag mit exklusivem Modern-Jazz-Material.
Die Stimme bahnt am Freitag gleich doppelt den Weg durch musikalische Geschichte und Geschichten. Eckhard Petris Dozenthology macht aus den Namen von Jazzgrößen anagrammatische Gedichte und aus diesen Gedichten eigenwillige Songportraits. Eine originelle Heimatkunde betreiben Die Erben – mit Schlag- und Blaszeug überführen sie deutsches Liedgut in So-noch-nie-Gehörtes. Dazu spielt sich das López-Fey-Quintett an ein grenzüberschreitendes europäisches Klangideal heran, während eine Trio-Performance den den Sparten-Schlagbaum für Tänzer Günther Grollitsch öffnet.
Der Sonnabend wird von zwei Hommagen eingerahmt: The Bird-Variations aktualisieren Charlie Parker mit Cello und Klavier. Das Hamburger Oktett Rocket No. 9 ringt den Kompositionen von Sun Ra so viel Neues ab, dass es selbst den Altmeister überraschen würde. Dazwischen grooven Reverend Joe voll souliger Gospelseeligkeit. Der Berliner Künstler Helge Leiberg macht permanent wechselnde Klang-Konstellationen seiner Mitmusiker sichtbar. Und Schlagzeug-Legende Bill Elgart begegnet improvisierend der Energiefreisetzung von Posaune und Flöte.
Optische Dokumente: Im Foyer der Schwankhalle ist während des Festivals Rolf Schöllkopfs Fotoinstallation MIB seen zu sehen.
Akustische Dokumente: Radio Bremen hält das diesjährige Jazz-plus-X-Festival klanglich fest.
Do 9.10.2008, 20.00 Uhr
MIB Workshop Band
Die wechselvolle Geschichte transatlantischer Wanderbewegungen liefert die Bezugspunkte der El-Viaje-Suite. Aus gemeinsamer Arbeit an der MIB-Jazzschule ging ein Workshop-Ensemble hervor, mit dem Sobotta und Seemann thematische in musikalische Horizontlinien übersetzen.
Daniela Schwarz - bassoon, percussion
Claudia Jessel - vocals, percussion
Andrea Rösler - piano, percussion
Teresa Schmidt-Kortenbach - flute, percussion
Christian Herzberg - tres, percussion
Till Küster - drums, percussion
David Mautz - timbales, percussion
Simon Suhr - e-bass, percussion
Lukas Meyer - e-guitar, percussion
Martin Dittler - saxophone, percussion
Lasse Derner - trombone, percussion
Gerd Seemann, Uli Sobotta - conductors, concept
Do 9.10.2008, 21.30 Uhr
Florian Poser’s Brazilian Experience
Im Zentrum der agilen New Yorker Brazil-Jazz-Szene fand der deutsche Ausnahme-Vibraphonist Florian Poser sein Latin-Jazz-Quintett. Atmosphärische Unmittelbarkeit und stilistische Brillianz gehen hier eine aufregend rhythmusverliebte Liaison ein.
Florian Poser (Oldenburg) - vibraphone
Gustavo Bergalli (Argentinien) - trumpet
Klaus Müller (USA/Deutschland) - piano
Itaiguara (USA/Brasilien) - doublebass
Portinho (USA/Brasilien) - drums
Do 9.10.2008, 20.45 Uhr
Michel Doneda – Hainer Wörmann
Auf seinen Erkundungen in die klanglichen Grenzbereiche des Sopransaxophons begegnete Michel Doneda so illustren Reisebegleitern wie Joëlle Léandre und John Zorn. In Bremen ist sein elaboriert-multiphonisches Spiel im intensiven Dialog mit Hainer Wörmanns feinsinnig präparierter Gitarre zu hören.
Michel Doneda (Frankreich) - soprano-saxophone
Hainer Wörmann - e-guitar
Do 9.10.2008, 22.30 Uhr
Piotr Lemanczyk International Quartet
Soulig schillernder Modern Jazz trägt das neue Quartett des bemerkenswerten Kontrabassisten Piotr Lemanczyk. Auch für diesen polnisch-deutschen Brückenschlag hat er exklusiv swingendeund elegant vibrierende Kompositionen im Gepäck.
Ralph Reichert (Hamburg) - saxophone
Maciej Grzywacz (Polen) - e-guitar
Piotr Lemanczyk (Polen) - doublebass
Jan Roth (Hamburg) - drums
Fr 10.10.2008, 20.00 Uhr
Dozenthology
Auf experimentell-poetischem Wege nähert sich das Quartett hochkarätig besetzter Saxophongeschichte und -gegenwart. Petris Portrait-Songs übersetzen Quadfliegs Anagramme klangvoller Namen wie John Coltrane oder Charles Lloyd in ein spekulatives Jazz-Sodoku voll eigensinniger Ehrerbietung.
Felix Quadflieg - voice, text
Eckhard Petri - saxophone
Michael Berger - piano
Matthias Klenke - doublebass
Stefan Ulrich - drums
21.30 Uhr
López-Fey-QuintetM
Mit verschiedenen Materialien begab sich der junge spanische Pianist Miguel Angel López schon auf die musikalische Suche: iberischer Bigbandsound, andalusischer Rock oder moderner Flamenco. In spontaner Kommunikation und komplex verwobener Komposition erkundet er mit Co-Bandleader Klaus Fey den europäischen akustischen Jazz-Klang.
Claas Überschär (Hamburg) - trumpet
Klaus Fey - saxophone
Miguel Angel López (Spanien) - piano
Richard Welschhoff (Celle) - doublebass
Friedemann Bartels - drums
Fr 10.10.2008, 20.45 Uhr
Grollitsch – Rühl – Hammerschmidt
Auf Augenhöhe begegnet der Tänzer Günther Grollitsch dem kleinteiligen Kontrabassspiel Reinhart Hammerschmidts und der choreographieerprobten Gitarre Frank Rühls. Das Trio nutzt in dieser improvisatorischen Erstbegegnung Bewegungsabläufe als Klangerzeuger und Instrumente als Bildelemente.
Günther Grollitsch (Österreich/Bremen) - dance
Frank Rühl (Giessen) - e-guitar
Reinhart Hammerschmidt - doublebass
Fr 10.10.2008, 22.30 Uhr
Die Erben
Als verschrobener Volksmusik-Vierer bereisen sie die deutschsprachigen Lande – stets auf der Suche nach verschüttetem Liedgut für den Erben-Konfrontationskurs mit behändem Doppel-Gebläse und unerhört taktvoller Rückendeckung für die fulminante Sängerin Rye.
Rye (Berlin) - voice
Jörg Huke (Berlin) - trombone
Andreas Kaling (Bielefeld) - bass-saxophone
Karl Godejohann (Bielefeld) - drums
Sa 11.10.2008, 20.00 Uhr
The Bird-Variations
Von Schostakowitsch bis Paul Bley reicht dieser intim-assoziative Vogelzug durch die Charlie-Parker-Gemeinde. Hier schwelgendes, dort avantgardistisch abrupt rearrangiertes Bird-Material mit Kammerphilharmoniker Stephan Schrader am Cello und Folkwang-Pianist Felix Elsner
Stephan Schrade - cello
Felix Elsner - piano
21.30 Uhr
Fiedler – Leiberg – Sobotta
Mit A.R. Penck, Vinko Globokar und Michel Portal hat der Multimedia-Maler Helge Leiberg schon performed. Diesmal nimmt sein bezeichneter Overhead-Projektor den intensiven und vielschichtigen Dialog von Gitarre und Euphonium in den Blick.
Lothar Fiedler (Berlin) - e-guitar
Helge Leiberg (Berlin) - projections
Uli Sobotta - euphonium, horn
23.00 Uhr
Rocket No.9
Mit jedem Konzert bahnt sich das Hamburger Oktett neue Wege durch die waghalsigen und visionären Topographien der klingenden Landschaften von Sun Ra, Ellington und anderen. Seit 2002 wird formidabel gesoult, gebebopt, gefunkt, gefreet und gecoolt.
Thomas Burhorn (Hamburg) - trumpet
Christophe Schweizer (Hamburg) - trombone
Geoffroy Dabrock (Hamburg) - trombone
Edgar Herzog (Hamburg) - saxophones
Rolf Pifnitzka (Hamburg) - saxophones
Jörg Hochapfel (Hamburg) - piano, synthesizer
Chad Popple (Hamburg) - drums
John Hughes (Hamburg) - doublebass
Sa 11.10,2008, 20.45 Uhr
Reverend Joe
Das Gospelfunk- und Souljazz-Quintett des Keyboarders Jens Schöwing blickt mit satten Eigenkompositionen und atemberaubenden Originalen zurück auf diverse Fusionierungen von Jazz und groovenden Spielarten des R’n’B.
Eckhard Petri - saxophone
Jens Schöwing - ender rhodes, organ
Ansgar Specht (Bielefeld) - e-guitar
Marcello Albrecht - e-bass
Marc Prietzel - drums
22.15 Uhr
Elgart – Heinz - Gerold
Seit 15 Jahren trifft Bill Elgart, bereits in den 60er Jahren Schlagzeuger bei Sam Rivers, Carla Bley und Paul Bley, mit dem Dresdner Posaunen-Virtuosen Günter Heinz zusammen. Sie erweitern ihr Freispiel-Duo um den hochkonzentriert agierenden Flötisten Nils Gerold.
Bill Elgart (USA/Ulm) - drums
Günter Heinz (Dresden) - trombone
Nils Gerold - flute